ANTIKE TRAGÖDIE IN DER MODERNEN HÖLLE DES TERRORS
(…) Hat schon Wajdi Mouawad selbst durch die Vermischung der zeitlichen Ebenen und reflektierenden Einschübe den Eigenwert des Theaters gegenüber verfilmten Thrillern ausgenutzt, so verstärkt sich dieser Eindruck noch durch Lydia Bunks Inszenierung. Dabei unterstreicht Peter Schubert mit blutroten Wänden, Balkengerüsten, Fensterhöhlen und einem Autowrack die Suggestivkraft undurchschaubarer, explosiver Vorgänge. Bei der Straffung des Ganzen verschmelzen mehrere Figuren zu einem schwarzen Engel (Stefan W. Wang), der beispielhaft die Kette der Rache-Eskalation benennt und am Ende die schreckliche Wahrheit ausspricht. (…) Am Ende stehen die entsetzten Zwillinge schutzlos im Regen. Keine aufweichende Ideologie mindert ihre Trostlosigkeit. Ein aufwühlender, erschütternder Abend.
Was macht der Krieg aus dem Menschen? Wie kann es sein, dass aus dem Bruder ein Mörder, aus dem Vater ein Folterer wird? Diesen Fragen geht das Stück Verbrennungen nach. (…) Ein Stück, in dem das Publikum mit der Realität des Krieges konfrontiert wird – mit Mord, Folter und Vertreibung, aber auch mit der unerschütterlichen Hoffnung auf ihre überwindung. (…) „Verbrennungen” entwirft Bilder von schonungsloser Härte und großer, berührender Sprachkraft. Und es zeigt die barbarischen Folgen kriegerischer Konflikte für die betroffenen Menschen. Regisseurin Lydia Bunk inszeniert das Stück psychologisch einfühlsam in einem brillant konstruierten Bühnenraum mit blutroten Wänden und mit versetzten Spielebenen, und sie lässt das elfköpfige Ensemble durchgehend intensiv, aber nie plakativ spielen.